DB Ferntrasse Ulm-Augsburg: Der Dialog um die beste Variante steckt in der Sackgasse – und die Politik trägt nicht viel bei, dass sich daran etwas ändert


von Leo Kränzle

Will man den zweistündige kritischen Austausch beim jüngsten Grünen Bahntrassengespräch, Teil II vom 15.02.22 in wenigen Sätzen zusammenfassen, dann wie folgt: Sowohl bei Teilnehmern wie den beiden als Experten für Naturschutz und Landschaft geladenen Gästen, den Kreisvorsitzenden der BN Günzburg und Augsburg, Herrn Ohnke und Herrn Enzler, überwiegt die Skepsis über die negativen Auswirkungen aller Trassenneubauvorschläge der DB Ferntrasse Ulm - Augsburg bei weitem die Hoffnungen auf mögliche positive Wirkungen für klimafreundlichen Schienenverkehr.

Die Belastungen einer Neubautrasse, wie Flächenverbrauch, Natur- und Landschaftszerstörung sowie dauerhafte Lärmbelastungen für die Anwohner würden nicht angemessen aufgewogen durch die prognostizierten Verbesserungen im Fernverkehr durch Deutschlandtakt und damit verbundene Fahrzeitverkürzung sowie durch die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. Angezweifelt wurde auch eine Verbesserung der Klimabilanz durch das Mobiltätsprojekt im Kampf gegen die Klimaerwärmung, weil bisher jegliche Aussagen zu CO2 Ausstoß aus der Baumaßnahme selbst fehle.

Ähnliche Argumente führen die von Trassen betroffene Anwohner an. In fast allen vom Projekt tangierten Gemeinden gründen sich mittlerweile Bürgerinitiativen, die gegen den jeweiligen Trassenvorschlag vor Ort massiv mobil machen. Auf diese Widerstände reagieren politisch Verantwortliche aus den Kommunalparlamenten oder aus dem Bundestag mit zum Teil kuriosen Verbesserungsvorschlägen. So forderte der Bürgermeister von Zusmarshausen gar einen Fernbahnhof für Augsburg anhand einer weiteren Trassenführung. Oder für Neusäss wurde eine komplette Untertunnelung ins Spiel gebracht.

Es fällt auf, dass fast sämtliche kommunalpolitischen Resolutionen und Interventionen von Anliegergemeinden und aus dem Kreistag ein überwiegend gleichlautendes „Mantra“ bemühen. Man lehnt die Trasse vor der Haustür vehement ab, um die eigenen Bürger:innen und Wähler:innen vor Ort in Schutz zu nehmen. Gleichzeitig wertet man alle andere Trassenvorschläge als unzureichend ab. Konkrete Verbesserungen für einzelne Trassenverläufe werden jedoch nicht benannt. Stattdessen macht man seine Zustimmung pauschal vom noch zu erzielenden „Mehrwert für die Region“ abhängig.

Dieser Mehrwert, so argumentieren die Politiker, kann allerdings nicht ausschließlich darin bestehen, worauf die Bahn Netze AG stets verweist, nämlich in der Trennung von Nah- und Fernverkehrstrasse mit der Chance auf eine Taktverdichtung bzw. Kapazitäzsteigerung des Nahverkehrs. Im Zuge des Neubaus der Ferntrasse müssten auch die Bahnhöfe an der Bestandsstrecke (von Neusäss bis Dinkelscherben) barrierefrei saniert werden. Oder es müssen neue Nahverkehrshalte an einer eventuellen orangen Vorzugstrasse entlang der A8 gebaut werden. Damit, so glaubt man vermutlich, könnte die Akzeptanz einer Neubautrasse deutlich gesteigert werden.
Abgesehen davon, dass man mit einem solchen „Preis“ für eine Zustimmung nicht die Gemüter derjenigen Anwohner einer vom Bundestag zu beschließenden konkreten Vorzugstrasse beruhigen könnte, beruht dieses „Verhandlungsforderung“ auf falschen fachlichen Voraussetzungen.
Die politischen Verantwortlichen sollten es eigentlich besser wissen. Denn die Bahn Netze AG hat es schon häufig und deutlich erklärt. Ihr Planungsauftrag einer Ferntrasse, hat wirklich gar nichts damit zu tun, wie in Bayern der DB Nahverkehr mit Bahnhöfen und Zugverbindungen aussieht oder wie er modernisiert und verbessert wird. Dafür liegt die Zuständigkeit bei der Bay. Staatsregierung und der dafür eingesetzten Bay. Eisenbahngesellschaft (BEG).

Politische Mandatsträger täten also gut daran, sich zunächst ehrlich zu machen in der Frage, wofür genau die DB Netze AG von Bundestag beauftragt wurde. Man sollte damit aufhören, dieses Expertenteam mit unbegründeten Ablehnungen zu brüskieren sowie mit Forderungen zu behelligen, für die es völlig andere Zuständigkeiten und Finanzierungen gibt.
Genau in diesem wichtigen Punkt, der an diesem Abend ebenfalls zur Sprache kam, hatten auch die Landtagsabgeordneten Steffi Schuhknecht und Max Deisenhofer als Grüne Vertreter im Koordinierungsrat noch keine positive Gesprächsantwort parat. Es ist weder bekannt, ob die Bay. Staatsregierung bzw. die BEG einen Beitrag/Mehrwert für die Bestandsbahnhöfe beisteuern will, noch ob sie bisher dafür angefragt wurden.
Höchste Zeit, dass man hier Klarheit schafft.


Fußnoten: Wörtliche Zitate aus den Antworten der Planer im dem Webcast der DB Netze AG vom 25.Nov. 2021

  • Das Bahnprojekt Ulm-Augsburg wurde durch den Deutschen Bundestag durch das Bundesschienenausbaugesetz als umzusetzende Maßnahme beschlossen. Der Bund hat anschießend die DB Netz AG mit der Umsetzung des Projektes beauftragt. Änderungen am Projektauftrag können daher nur durch den Bundesgesetzgeber vorgenommen werden.

  • Der Nahverkehr wird dadurch verbessert, dass Nah- und Fernverkehr getrennt werden. Egal, welche der vier Varianten gebaut wird, bleibt auf der Bestandsstrecke mehr Kapazitäten für den Nahverkehr. Die Verbesserung des Nahverkehrs ist daneben kein originäres Projektziel, sondern vielmehr eine „schöne Nebenwirkung“ für die Region.

  • Der Auftrag des Bundes sieht keine Nahverkehrshalte auf der neuen Strecke vor, die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Regionalverkehr in Bayern bestellt, hat ebenfalls nicht signalisiert, dass auf der Neubaustrecke Regionalhalte entstehen sollen.Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) ist verantwortlich für den Nahverkehr in Bayern. Sie müsste einen Halt bestellen und Verkehre dorthin bestellen. Momentan umfasst der Projektauftrag keine Halte oder Stationen. Sollte die BEG einen Halt bestellen, könnte er im Rahmen des Projekts geplant werden.



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